Die Motorisierung des Straßenverkehrs

Es begann mit Dampffahrzeugen...

Am Heilig Abend des Jahres 1801 gelang Mr. Trevithick die erste Probefahrt mit einer pferdelosen Kutsche, bei der er mit einer Geschwindigkeit von bis zu 12 km/h bereits sieben Fahrgäste in ein nahegelgenes Wirtshaus des Ortes Illogan (England) chauffierte. Doch noch während er den Erfolg seines dampfgetriebenen "Feuerdrachens" feierte, brannte dieser im Schuppen der Wirtschaft ab. Auch sein zweiter Wagen, den er 1803 fertigstellte, hatte nur ein kurzes Leben, weil er infolge mangelhafter Federung auf den damals sehr schlechten Straßen bald zusammenbrach.

Immerhin konnte Walter Hancook die dabei gewonnenen Erfahrungen nutzen und zahlreiche Danmpfomnibusse bauen, die 20 Personen Platz boten und mit 30 km/h über Englands Straßen "rasten".

Diese "ungeheuren Geschwindigkeiten" der "feuerspeienden Teufelsfuhrwerke", wie sich führende englische Zeitschrfiften entrüsteten, wurden als eine so "unerträgliche Gefahr für alle Passanten" angesehen, daß sich 1865 das Parlament dmit befassen mußte. Die Abgeordneten beschlossen ein Gesetz, nach dem jedem mechanisch betriebenen Straßenfahrzeug ein Mann mit einer roten Fahen voranzuschreiten hatte. Das Fahrzeug durfet die Höchstgeschweindigkeit von vier englischen Meilen (6,4 km/h) nicht überschreiten. Mit diesem berrühmten "Locomotive Act" war auf lange Zeit jede Entwicklung des motorisierten Straßenverkehrs in Englan dgeknebelt. Als es 1896 endlich auafgehoben wurde, hatte sich in Europa bereits der neuerfundene Verbrennungsmotor als Antrieb für Straßenfahrzeuge durchgesetzt.

Anders dagegen in den USA. Dort hatten die Brüder Stanley in Newton (Mass.) um 1900 eine Dampfwagenfabrik gegründet. Ihre Dampfautomobile, im Voksmund "Fliegende Teekessel" genannt, hatten eine Heizölfeuerung, fuhren bis auf ein leises Zischen lautlos und erreichten schon 1907 Geschwindigkeiten von 320 km/h (erst 1936 konnte Carraciola mit einem Mercedes-Benz gleiche Rekordzeiten fahren). Sie brauchten weder Kupplung noch Schaltgetriebe, konnten rückwärts ebenso schnell fahren wie vorwärts und übertrafen in ihrem Steigvermögen jedes andere Fahrzeug. Warum 1925 mit der Schließung der Stanley Motor Carriage Company das Dampfautomobil seinen aussichtsreichen Konkurrenzkampf mit den Benzinmotoren auch in Amerika aufgabe, ist selbst von Fachleuten schwer zu erklären. (Aus: o.V.: Der Mensch und der Verkehr. Frankfurt am Main, Berlin, Bonn, ca. 1960, S. 10).

Ganz so schwer, wie die Fachleute der 50er Jahre meinten, ist die Begründung für den Niedergang der "Lokomobile" allerdings nicht: Die dampfgetriebenen Straßenfahrzeuge mußten erst lange geheizt werden, bis man endlich losfahren konnte. Anfangs war das noch zu verschmerzen, als die mit Verbrennungsmotoren noch jedesmal mit einer Kurbel angelassen werden mußten. Das war eine außerordentlich schweißtreibende Arbeit, und man lief jedesmal Gefahr, sich den Arm zu brechen, wenn der Motor ansprang oder - nach der Erfindung des Freilaufs - wenn der Motor nicht ansprang, sondern zurückschlug. Schon aus Kraftgründen war diese Prozedur für Frauen ohnehin praktisch unmöglich. Das änderte sich jedoch schlagartig, nachdem der Elektrostarter konstruiert worden war. Die Verbrennungsmotoren liefen jetzt auf Knopfdruck in sekundenschnelle an, während die Dampfer immer noch eine halbe Stunde lang herumstanden, bis es endlich losging. Da war die damals noch geringere konstruktive Reife der Verbrennungsmtoren leicht zu verschmerzen, zumal hier sehr bald aufgeholt wurde. Was übrigens auch nicht schwer war, weil der Wirkungsgrad einer Dampfmaschine ziemlich niedrig liegt.

Übrigens verstanden es auch die Amerikaner später, den Fehler der Engländer zu wiederholen, und holten sich durch eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 55 mph auf Autobahen einen nicht wieder gutzumachenden Wettbewerbsnachteil ins Land: Die amerikanischen Autos bis heute technisch nicht im entferntesten wettbewerbsfähig zu den deutschen oder japanischen, die auch für hohe Geschwindkeiten konstruiert und getestet wurden. Lediglich die Qualität der Coladosenhalter ist bis heute erheblich besser als im Ausland.

Sie sind übrigens der Besucher dieses Textes über Oldtimer. Erlesener Kreis, wie man sieht...

 

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